Ruckartige Versetzungsbewegung in Hochentropie-Legierungen

Mitglieder des FG Materialmodellierung und des MPIE finden die Ursache

06.08.2023 von

Atomistische Computersimulationen erklären die ruckartige Versetzungsbewegung in Hochentropielegierungen ohne Nahordnung. Der zugrunde liegende Mechanismus ist direkt mit lokalen Schwankungen in Peierls (Kraft/Reibung)-Barrieren verbunden, die zu Haltepunkten in konzentrierten Mischkristallenführen. Die Quantifizierung der Reibungskräfte bietet prädiktive Entwurfsrichtlinien, um das Versetzungs-Pinning in HEAs maßzuschneidern.

Legierungen mit hoher und mittlerer Entropie (HEAs und MEAs) sind eine neue Klasse metallischer Materialien, die mehrere Elemente in hohen Konzentrationen enthalten und im Gegensatz zu herkömmlichen Legierungen, die typischerweise aus einem einzigen Hauptelement mit geringen Konzentrationen an sekundären Elementen bestehen, feste Lösungen bilden. Da die Entropie nicht immer der entscheidende Konstruktionsparameter ist, handelt es sich um eine Unterklasse konzentrierter Zufallslegierungen. Einige HEAs übertreffen die mechanischen Eigenschaften herkömmlicher Legierungen, einige besitzen exklusive Eigenschaftskombinationen, wie hohe Festigkeit und hohe Duktilität – sogar bis zu kryogenen Temperaturen. Der Ursprung der hohen Festigkeit von HEAs ist entscheidend für das Materialdesign, wird jedoch immer noch kontrovers diskutiert.

Durch die Kombination von In-situ-TEM-Verformung, analytischer Rastertransmissionselektronenmikroskopie (STEM) mit atomarer Auflösung und atomistischen Simulationen quantifiziert unsere Studie den atomaren Ursprung von Haltepunkten für Versetzungen in diesen Legierungen und beantwortet damit eine seit langem bestehende Frage. Wir stellen fest, dass für ein starkes Versetzungs-Pinning in HEAs keine ausgeprägte Nahordnung erforderlich ist, da das lokale Pinning der Versetzungslinie durch eine lokal erhöhte Steigung der atomaren Stapelfehlerenergie erleichtert wird. Dieses Szenario stimmt mit dem etablierten Peierls-Modell überein, zeigt jedoch, dass HEA und bestimmte Legierungen anfällig für außergewöhnliche Peierls-Peakhöhen sind. In den untersuchten Legierungsproben sind diese Änderungen hochgradig nichtlinear und die Wechselwirkung von Co und Cr führt zu der höchsten Dichte starker Haltepunkte. Dieses Verständnis der lokalen Peierls-Spannungslandschaft und der resultierenden Kräfte, die auf Versetzungen wirken, identiziert einen Schlüsselparameter, der beim Design von Legierungen mit erhöhtem Widerstand gegen Versetzungsgleiten und insgesamt reduzierter Versetzungsmobilität genutzt kann.

Utt, D., Lee, S., Xing, Y. et al. The origin of jerky dislocation motion in high-entropy alloys. Nat Commun 13, 4777 (2022). https://doi.org/10.1038/s41467-022-32134-1